Wenn jeder Mensch in jeglicher sozialen Gemeinschaft diese Leitgedanken lebt, sind Sicherheit, Verbindung und Präsenz klar da. Die Leitgedanken sind die Grundlage, das Fundament für alles andere.

Leitgedanken

für den Workshop zur Integration prä- und perinataler Erfahrungen, sowie für die Arbeit mit Familien.

Diese Leitgedanken gelten nicht nur für Sitzungen mit Familien, sondern selbst für das Familienleben zu Hause.

Die Leitgedanken entsprechen den „principles“ von Ray Castellino und wurden von Regina Bücher und Klaus Käppeli übersetzt, bearbeitet und erweitert. Ich habe sie sprachlich etwas umformuliert und gekürzt.

Willkommen Sein

Jede:r ist willkommen, so wie er/sie ist/sind. Alle haben das Recht gesehen und gehört zu werden und sich zu zeigen, wie er/sie sich fühlt/fühlen.

Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung

Es geht darum, einander zu unterstützen und miteinander zusammenzuarbeiten, sodass sich jede Person getragen und verstanden fühlt.

Wahl

Jede:r macht nur das, was sich für ihn/sie stimmig anfühlt.

„Nein“ ist somit ein sehr wichtiges und willkommenes Wort:

Selbst der tollste therapeutische Vorschlag oder ein noch so genialer Vorschlag aus der Gruppe kann sich für die betreffende Person nicht stimmig anfühlen.

Wenn jemensch um eine besondere Art der Unterstützung gebeten wird, so ist es wichtig, erst hinzuspüren. Fühlt es sich nicht stimmig an, die Unterstützung zu geben, ist ein „nein“ unterstützender, als wenn aus Gefälligkeit sich auf etwas eingelassen wird.

Kurzer häufiger Augenkontakt

Alle 2 – 3 Minuten einen kurzen unterstützenden Blickkontakt aufnehmen, ist sehr hilfreich.

Zum einen wird bei jedem/jeder, der/die einen solchen Blickkontakt aufnimmt, Serotonin, das „Gutgehhormon“ ausgeschüttet. Zum anderen ist die Gruppe damit deutlicher im Zusammenhalt und als „gesunde Gebärmutter“ zu spüren.

Kontakt und Aufmerksamkeit

Wenn ich den Impuls habe, jemensch berühren zu wollen, nehme ich Blickkontakt auf und frage, ob es in Ordnung ist, wenn ich ihn/sie berühre. Bei einer Zustimmung gehe ich langsam in die Berührung. Wenn ich die Berührung wieder auflösen oder etwas ändern möchte, nehme ich Blickkontakt auf. Ich kündige es an und überprüfe, ob meine Absicht bei der anderen Person angekommen ist. Vielleicht muss ich erst noch etwas klären, bis die Person zustimmen kann, bevor ich die Berührung auflöse. Als letztes gehe ich mit meiner Aufmerksamkeit weg.

Dies baut Sicherheit auf. Es hilft vor allem Kindern, sich sicher zu fühlen, dass nichts Unerwartetes kommt.

Dasselbe gilt für verbale Beiträge wie Fragen oder Bemerkungen: erst Blickkontakt aufnehmen und um Zustimmung fragen und gegebenenfalls „nein“ akzeptieren.

Innehalten / Selbstregulation

Gut für sich selbst zu sorgen ist eine grosse Unterstützung des Geschehens.

Wenn jemensch merkt, dass er/sie nicht mehr präsent sein kann, weil die Aufmerksamkeit weggezogen wird, z.B. durch innere Aktivierung, Emotionen, Müdigkeit, innere Abwesenheit....., dann ist es sehr unterstützend für das Geschehen, in diesem Moment eine „Pause“ bzw. ein „Innehalten“ einzuleiten. Dies dient dazu, so für sich zu sorgen oder die erforderliche Unterstützung zu erhalten, dass mensch wieder präsent sein kann.

Die Gruppe ist quasi die Gebärmutterumgebung derjenigen Person, die gerade die Sitzung hat.

Dadurch, dass die Gruppe gut für sich sorgt, wird die Person, die im Mittelpunkt steht, enorm unterstützt. Etliche unserer frühen Verletzungen entstanden dadurch, dass z.B. die Mutter oder jemensch aus dem Umfeld zuwenig Unterstützung hatte oder nicht die Fähigkeit hatte, gut für sich zu sorgen. Dadurch, dass wir nun in der Gruppe gut für uns sorgen und uns Unterstützung holen, unterstützen wir die Person die dran ist, dies zu integrieren.

Zu Hause oder in Familiensitzungen sind die Kinder manchmal sehr schnell. Die Eltern kommen nicht mehr mit und erschöpfen sich. Dann ist es wichtig, dass die Eltern inne halten, Pausen einlegen und gut für sich sorgen. Es geht also nicht darum, das Kind zu kontrollieren und zu Pausen zu animieren. Es geht darum, dass die Erwachsenen gut für sich sorgen und den Kindern vorleben, wie sie es machen können.

Für Eltern und andere Bezugspersonen ist es in folgenden Situationen sehr hilfreich innezuhalten:

o wenn sie sich selbst überfordert, überwältigt fühlen

o wenn die Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist

o wenn die Verbindung zum Kind oder zu sich selbst verloren geht

o wenn anderweitig etwas in ihnen aktiviert ist.

Ein Kind wächst mit einem unregulierten Nervensystem auf, wenn die Erwachsenen seiner Umgebung sich nicht regulieren. Ich – Aussagen sind wichtig.

Wir gehen auf das Tempo des Kindes ein und wenn wir nicht mehr mitkommen, sorgen wir für uns, halten inne und sagen, dass wir innehalten (oder sonst wie für uns sorgen), damit wir dann wieder bei ihm dabei sein können.

Selbstfürsorge

Wir tun das, was wir brauchen, um gut für uns zu sorgen: trinken bei Durst, Essen bei Hunger, auf die Toilette gehen, bequem sitzen, inne halten... Wenn wir gut für uns sorgen, so unterstützt das auch die Person, die gerade bei der Sitzung im Mittelpunkt ist.

Eltern können ein Kind nur dann gut unterstützen, wenn auch sie selbst gut für sich sorgen. Das heisst, gut für uns zu sorgen unterstützt die Kinder.

Vertraulichkeit

Vertraulichkeit gilt für alle Teilnehmende. Das bedeutet, dass eine Information, z.B. aus dem Workshop, nur eingeschränkt weitergeleitet werden darf. Es ist in Ordnung, anderen vom Erlebten in der eigenen Sitzung zu erzählen. Wenn ich etwas von jemensch anderem erzählen möchte, muss ich dessen/deren explizite Zustimmung einholen.

Vertraulichkeit gilt auch für Eltern gegenüber ihren Kindern: die Eltern sollten nichts von den Kindern oder anderen Familienmitgliedern erzählen, wenn diese nicht einverstanden sind.